Reiserücktrittsversicherer muss zahlen: Eine starke Durchfallerkrankung ist ein gerechtfertigter Grund, vom Reiseantritt abzusehen
Reiserücktrittsversicherer muss zahlen: Eine starke Durchfallerkrankung ist ein gerechtfertigter Grund, vom Reiseantritt abzusehen
Da auf eine Reise oft lange gespart wird und auch immer etwas dazwischen kommen kann, sollte auf eine Reiserücktrittsversicherung aus Kostengründen besser nicht verzichtet werden. Dass im Ernstfall ein verhinderter Reisender und sein Versicherer jedoch völlig unterschiedliche Auffassungen über eine Reise(un)fähigkeit vertreten können, beschäftigte im folgenden Fall das Oberlandesgericht Celle (OLG).
Es ging um eine Flugreise, die ein Mann mit zeitgleichem Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung gebucht hatte. Diese sollte sich bewähren, denn am Tag seines Abflugs litt er an einer starken Durchfallerkrankung, durch die er sich außerstande sah, die Reise anzutreten. Umso erstaunter war der Mann, als seine Reiserücktrittsversicherung lapidar meinte, dass ihm die Reise durchaus zuzumuten gewesen wäre. Schließlich hätte es sowohl während des Flugs Toiletten gegeben als auch am Urlaubsort. Da war nicht nur der Versicherte baff - auch das OLG konnte dieser Argumentation nicht folgen.
Laut OLG lag hier ein klarer Versicherungsfall für die Reiserücktrittsversicherung vor, denn der Versicherte war von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen. Bei der Beurteilung der Erkrankung kommt es nicht auf eine konkrete ärztliche Diagnose an, sondern auf das Vorliegen einer krankheitsbedingten Symptomatik, die den Antritt einer Flugreise unzumutbar erscheinen lässt. Und da fast ein jeder schon einmal diese missliche Erfahrung einer Durchfallerkrankung machen musste, war hier klar: Die Versicherung musste zahlen.
Hinweis: Eine Reiserücktrittsversicherung muss also zahlen, wenn der Reisende an einer starken Durchfallerkrankung leidet. Die Versicherung kann sich ab sofort hierbei nicht mehr herausreden.
Quelle: OLG Celle, Urt. v. 03.12.2018 - 8 U 165/18
Fundstelle: www.oberlandesgericht-celle.niedersachsen.de
Olympiareife Wortwahl: Werbung eines Sportbekleidungsherstellers verstößt nicht gegen das Olympia-Schutzgesetz
Olympiareife Wortwahl: Werbung eines Sportbekleidungsherstellers verstößt nicht gegen das Olympia-Schutzgesetz
Dass bei der werblichen Verwendung Markenschutzrechte stets beachtet werden sollten, müsste eigentlich bekannt sein. Dass solche Schutzrechte besonders im allgemeinen Sprachgebrauch aber auf ihre Grenzen stoßen können, beweist der folgende Fall des Bundesgerichtshofs (BGH), der auch in der Presse Beachtung fand.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) klagte gegen einen Textilgroßhandel, der während der Olympischen Spiele 2016 auf der Internetseite seiner Sportbekleidung mit den Aussagen "olympiaverdächtig" und "olympiareif" geworben hatte. Dies verstieß laut DOSB gegen das Olympia-Schutzgesetz, das die olympischen Bezeichnungen gegen bestimmte Verwendungen durch Dritte schützt. Dem konnte das Gericht jedoch nicht ganz folgen.
Der BGH entschied, dass die Verwendung dieser Bezeichnungen im geschäftlichen Verkehr für die Werbung von Sporttextilien als solche nicht gegen das Olympia-Schutzgesetz verstößt. Eine für ein unlauteres Ausnutzen der Wertschätzung ausreichende bildliche Bezugnahme auf die Olympischen Spiele fehlte zudem. Die in der angegriffenen Werbung abgebildete Medaille in der Hand eines Sportlers sei nicht per se ein olympisches Motiv. Diese Darstellung fiel daher nicht in den Schutzbereich des Olympia-Schutzgesetzes - der DOSB zog hier also den Kürzeren.
Hinweis: Die Verwendung der Wörter "olympiareif" und "olympiaverdächtig" als Synonym für außergewöhnlich gute Leistungen im Sport stellt demnach keinen engen Bezug zu den Olympischen Spielen her und ist damit also erlaubt - sofern sie produktbezogen ist.
Quelle: BGH, Urt. v. 07.03.2019 - I ZR 255/17
Fundstelle: www.bundesgerichtshof.de
Rückflug verpasst: Wer es gänzlich an Eigeninitiative fehlen lässt, verliert im Ernstfall den Schadensersatzanspruch
Rückflug verpasst: Wer es gänzlich an Eigeninitiative fehlen lässt, verliert im Ernstfall den Schadensersatzanspruch
Wie stark Individualreisen in der Beliebtheit auch steigen - für viele stellen Pauschalurlaube die perfekte Auszeit dar, in der sie ihre Füße mal so richtig hochlegen können. Dass dies jedoch nicht dazu verführen sollte, auch die Hände gänzlich in den Schoß zu legen, beweist der folgende Fall des Amtsgerichts München (AG).
Eine Familie verpasste den Rückflug ihrer Pauschalreise. Da weder eine Reiseleitung erreichbar gewesen sei noch Informationen zum Rückflug und insbesondere zum Transfer vom Hotel zum Flughafen stattgefunden hätten, sah die Familie die Schuld beim Veranstalter. Sie machte daher Schadensersatz von etwas über 1.600 EUR geltend. Doch da hatte die Familie ihre Rechnung ohne das AG gemacht.
Das AG wies ganz deutlich darauf hin, dass sich aus der Buchungsbestätigung eindeutig ergeben hatte, wann der Rückflug konkret stattfinden werde. Zudem gab es im Hotel einen Aushang mit den entsprechenden Informationen. Ebenso war die fehlende Erreichbarkeit des Reiseleiters hier unerheblich, da die Familie diesen erst einen Tag nach dem eigentlichen Rückflug gesucht hatte, als dieser natürlich schon weg war.
Hinweis: Auch von Pauschalreisenden darf etwas Eigeninitiative erwartet werden. Bei einem verpassten Rückflug gibt es nämlich keine Entschädigungszahlung, wenn die Flugzeiten sowohl der Buchungsbestätigung als auch einem Informationsblatt der Reiseleitung zu entnehmen sind.
Quelle: AG München, Urt. v. 05.10.2018 - 123 C 9082/18
Fundstelle: www.justiz.bayern.de
Beweislast des Klägers: Bei nicht gestelltem Beweisantrag muss kein Gericht von Amts wegen ein Gutachten veranlassen
Beweislast des Klägers: Bei nicht gestelltem Beweisantrag muss kein Gericht von Amts wegen ein Gutachten veranlassen
Wenn zwei sich streiten, hilft ein oft ein neutraler Dritter, der die Lage unter professionellen Gesichtspunkten betrachten und bewerten kann. Bei Gericht nimmt eine solche Position in der Regel ein Gutachter ein. Wann aber genau ein Amtsgericht ein Sachverständigengutachten einzuholen hat, klärt dieser Fall des Bundesgerichtshofs (BGH).
Hier stritten sich die Parteien im Zuge einer Mieterhöhung um die Größe der betreffenden Wohnung. Um ihr Mieterhöhungsbegehren durchzusetzen, zog die Vermieterin vor Gericht. Das damit befasste Amtsgericht (AG) wies die Vermieterin ausdrücklich darauf hin, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sei. Der Rechtsanwalt der Vermieterin hat jedoch - ebenso ausdrücklich - keinen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt. Als die Klage daraufhin abgewiesen wurde, zog die Vermieterin bis vor den BGH.
Der BGH war jedoch auch der Auffassung, dass die Vorinstanz richtig entschieden hatte. Denn auch von Amts wegen war das AG nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Es ist nicht als ermessensfehlerhaft zu beanstanden, wenn der Richter - nachdem er zuvor auf die Erforderlichkeit eines entsprechenden Beweisantrags hingewiesen hatte - wegen des offen ausgesprochenen entgegenstehenden Willens der beweisbelasteten Partei von der Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen absieht.
Hinweis: Ob ein Sachverständigengutachten, das häufig recht teuer ist, eingeholt werden muss, sollte bereits im Vorfeld eines Prozesses besprochen werden. Es steht im Ermessen des Gerichts, ob es ein Sachverständigengutachten von Amts wegen einholt, wenn die beweisbelastete Partei ein Sachverständigengutachten nicht eigenständig beantragt.
Quelle: BGH, Urt. v. 27.02.2019 - VIII ZR 255/17
Fundstelle: www.bundesgerichtshof.de